Niemand hat die Absicht 100 Meilen zu laufen!
Oder doch?
Bernhard Bock überwindet Geist und Körper
Hier seine Eindrücke vom Lauf seines Lebens:
Wenn ich ganz ehrlich bin, ich hatte nie die Absicht 100 Meilen zu laufen. Jedoch irgendwann vor ziemlich genau zwei Jahren sah ich ein Foto eines Läufers, der ein T-Shirt mit der Aufschrift „100 Meilen Berlin“, trug.
Was ist denn das für ein Lauf, dachte ich mir und googelte nach. Als ich die ersten Informationen hatte wuchs und reifte der Gedanke, dieser Lauf reizt mich, den will ich machen. Als dann auch noch feststand, dass der fünfte Berliner Mauerweglauf am 13. August 2016, also genau an meinem fünfzigsten Geburtstag, stattfindet, fiel die Entscheidung.
Ich hatte die Absicht 100 Meilen zu laufen.
13. August 2016
Es ist 5.15. Meine gesamte Familie, Gattin, Mutter, Schwester, Schwager, Cousin mit Frau und Vater meines Schwiegersohnes begleiteten mich ins Startgelände. Meine Tochter und ihr Freund zogen es vor, noch ein Stündchen zu schlafen. Ich konnte sie gut verstehen. Ich persönlich hatte eine unruhige Nacht hinter mir, meine Nerven waren aufgewühlt und angespannt, was würde mich an diesem Tag erwarten. Ich hatte keine Ahnung, aber die Vorfreude auf meinen Geburtstagslauf überwiegte.
Pünktlich um sechs erfolgte das Startzeichen und etwa 350 Einzelläufer setzten sich in Bewegung, um entlang der ehemaligen Berliner Mauer das westliche Berlin zu umrunden.
100 Meilen oder 161 km nonstop auf zwei Beinen im Laufschritt. Eigentlich nicht vorstellbar. Im Uhrzeigersinn führte die Strecke zuerst durch die Innenstadt von Berlin, das Brandenburger Tor erreichten wir nach etwa 7 km, dann an der East Side Gallery vorbei Richtung Süden, weiter in den Westen nach Potsdam, hinauf in den Norden und zurück in den Friedrich Jahn Sportpark, wo wir gestartet sind. Aber alles der Reihe nach. Ich fühlte mich locker und leicht. Das Wetter trocken und sonnig. Nahezu perfekte Witterungsverhältnisse, außer, dass es etwas zu warm wurde. Aber mit den 25 bis 26 Grad konnte ich gut leben.
Auf den ersten 20 Kilometern versuchte ich einen guten Rhythmus zu finden und ein richtiges Wohlfühltempo zu laufen. Das dürfte mir sehr gut gelungen sein, da ich am Ende des Tages immer noch laufen konnte. Aber dazu später. Bei etwa km 30 ein erster emotionaler Höhepunkt.
Völlig überraschend, wie aus dem nichts kommend, sah ich bei einem Verpflegungspunkt einige gelb gekleidete Männer und Frauen. Sie hielten Transparente in der Hand und jubelten. „Wer sind denn die?“ dachte ich mir und dann schossen mir Tränen ins Gesicht. Meine Lauffreunde vom LT Gmünd erwarteten mich, jubelten und sangen ein Geburtstagsständchen. Ich konnte es nicht fassen! Die sind wegen mir nach Berlin gefahren, um mir zum Geburtstag zu gratulieren, um zu singen und mich zu unterstützen. Plötzlich sah ich alles verschwommen. Meine Tränen blieben hinter der Sonnenbrille verborgen. Unbeschreibliche Emotionen und Gefühle machten sich breit. Ich liebe sie! Leider konnte ich nicht lange bei ihnen bleiben. Meine Reise durfte und konnte weitergehen. „Wir erwarten dich bei der Hälfte, also etwa bei 80 km!“ riefen sie mir nach und es tat so gut.
Sie gaben mir unglaublich viel Kraft mit auf den Weg. Ich durchlief Verpflegungspunkt für Verpflegungspunkt, meine Beine funktionierten und mein Kopf war stark. Kilometer für Kilometer spulte ich auf dieser herrlichen Strecke ab. Halbzeit! Meine Freunde vom Laufteam und meine gesamte Familie erwarteten mich beim VP km 78.
Die Hälfte war fast geschafft. Alle feuerten mich an und die Ansätze der ersten Ermüdung verschwanden so schnell, wie sie gekommen sind. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich bis zum km 110 eine läuferische Begleitung. Meine Trainingsgefährtin und bester Kumpel Martina lief mit mir mit. Ich bedanke mich für ihre positiven Worte. Worte der Aufmunterung und der Zuversicht. Sie war in dieser Phase sehr wichtig für mich.
Wir ließen den 100sten Kilometer hinter uns und in traumhafter Landschaft, durch eine wunderschöne Natur am Rande der Millionenstadt Berlin näherten wir uns dem Verpflegungspunkt bei km 110. Dort erwarteten mich zum letzten Mal meine Familie und meine Lauffamilie des LT Gmünd. Martina musste ihre Begleitung beenden, da sie alle wieder zum Busbahnhof fuhren, um mit dem Bus wieder die ganze Nacht nach Wien zurückzufahren.
„Ich würde viel lieber mit dir bis zum Ziel laufen, als jetzt die ganze Nacht mit dem Bus fahren.“ sagte sie zum Abschied und es brach ein wenig Wehmut aus.
Noch 50 km! Werner, der Vater meines Schwiegersohnes, ist mit einem Leihrad bis hier her mitgefahren. Er wollte sich die Strecke auf dem Rad ansehen und „Ultraluft“ schnuppern. Er konnte sich nicht vorstellen, dass so was möglich ist. Läuferisch! Noch 50 km! „Bitte Gerald, begleite mich auf den letzten 50 km“. Mein Schwager erkannte, dass ich ihn brauchen werde und er sagte: „Ist doch Ehrensache!“ Danke Gerald. Ein Wechselspiel, eine Achterbahnfahrt von Hoch und Tiefs begann. Noch nie war ich weiter als 124 km gelaufen, als ich Wien umrundete. Aber jetzt kam ich in Bereiche, wo ich noch nie war. Mein Körper signalisierte, dass es genug sei. „Ich bin müde, es reicht!“, schickte er die Botschaft gefühlte 20 Mal ins Hirn. Aber mein Geist und mein Wille waren stark. Unbezwingbar heute. „Du kannst doch problemlos laufen, lieber Körper!“ meldete mein Geist an meine Beine, „Also lauft und jammert nicht!“ Und sie gehorchten. Wir befanden uns auf dem letzten Halbmarathon. Gerald motivierte mich ständig und es tat gut. Sehr gut sogar.
Meine Gedanken beschäftigten sich schön langsam mit einer Endzeit. Ich blickte auf die Uhr und war begeistert. Mein Traumziel von 20 Stunden war erreichbar. Rechnen konnte ich in diesem Zustand nicht mehr, aber eines wusste ich. „Je schneller du läufst, desto früher bist du im Ziel“. Und ich lief. Euphorie stieg in mir hoch, es ist zum Greifen nahe. Mein Traum kann in Erfüllung gehen.
Ich werde zum 100 Meilen Läufer. Die Uhr zeigt 01.15. Gerald teilt mir mit, dass wir auf dem letzten Kilometer sind. Wir haben den Friedrich-Ludwig-Jahn Sportpark erreicht. Ich sehe die Flutlichter des Leichtathletikstadions, wo wir am Vortag um 6.00 Uhr früh gestartet waren. Der Kreis schließt sich. Völlig schwerelos erreiche ich die Laufbahn des Stadions.
Meine Familie jubelt, alle haben gewartet und gezittert, nun bin ich da. Noch 300 m bis zur Tribüne, zum Ziel. Plötzlich sehe ich meinen Körper neben mir. Mein Geist hat sich vom Körper gelöst und ich schwebe. Träume ich? Fünf Meter vor dem Zielband bleibe ich stehen, um die letzten Meter zu genießen, auszukosten, solange wie möglich. „Yes!“ Ein Schrei der Erlösung kommt aus meinem Innersten, als wollte ich es der ganzen Welt sagen, dass ich es geschafft habe.
Um 01.21 Uhr, nach 19 Stunden, 21 Minuten und 45 Sekunden werde ich zum 100 Meilen Läufer. Ich überquere die Ziellinie. Der Olymp des Ultralaufens ist bezwungen. Mit dieser Zeit erreichte ich den 18. Gesamtplatz in der Männerwertung (197 Finisher) und den 3. Platz in der Klasse M 50. Insgesamt finishten den Mauerweglauf 247 Läuferinnen und Läufer. Ich bedanke mich bei Hajo Palm, dem Gesamtorganisator des Berliner Mauerweglaufes, für die Startnummer 50. Mein besonderer Dank gilt meiner Familie, die mich immer unterstützt hat und ein ganz herzliches Danke an das Laufteam Gmünd für die sensationelle Überraschung.
Es war der Geburtstag, der Lauf meines Lebens!
Das Team der ÖVP Hoheneich-Nondorf gratuliert zu der großartigen Leistung. Wir sind stolz auf unser sportliches Aushängeschild.
23.08.2016 Hoheneicher läuft 161 km nonstop
Bernhard Bock schafft an seinem 50. Geburtstag das Unglaubliche
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